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Burnout-Prävention aus theoretischer Sicht – Modelle, Faktoren, Risiken

Burnout-Prävention ist mehr als ein Wellness-Wochenende oder das berühmte „bisschen mehr Selbstfürsorge“. Wer Burnout wirklich verstehen will, braucht ein klares Bild davon, wie Prävention auf theoretischer Ebene funktioniert – und welche Faktoren in Forschung und Psychologie als besonders schützend oder riskant gelten.

In diesem Artikel schauen wir uns die wichtigsten Modelle, Schutzfaktoren und Risikoansätze an, die in der Burnout-Prävention eine zentrale Rolle spielen.


Was meint „Prävention“ eigentlich?

In der Gesundheitspsychologie wird Prävention in drei Stufen unterteilt:

  1. Primärprävention – Verhinderung des Auftretens (z. B. Stresskompetenz stärken)

  2. Sekundärprävention – Früherkennung & Intervention (z. B. bei ersten Symptomen)

  3. Tertiärprävention – Rückfallvermeidung nach Erkrankung

In der Theorie geht es bei Burnout-Prävention vor allem um die ersten beiden Ebenen – also darum, Frühwarnzeichen zu erkennen und die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation zu verringern.

Modell 1: Das transaktionale Stressmodell nach Lazarus

Eines der wichtigsten theoretischen Modelle zur Burnout-Prävention stammt von Richard Lazarus:

Kernidee:

Stress entsteht nicht durch äußere Reize allein – sondern durch die individuelle Bewertung der Situation.

Ablauf:

  1. Primäre Bewertung – Ist das ein Risiko für mich?

  2. Sekundäre Bewertung – Habe ich genügend Ressourcen, um damit umzugehen?

  3. Bewältigung (Coping) – Wie reagiere ich?

Relevanz für Burnout:
Menschen mit hohem innerem Druck, geringem Selbstvertrauen oder fehlender sozialer Unterstützung bewerten Belastungen häufiger als bedrohlich – und erleben dadurch eher chronischen Stress.


Modell 2: Salutogenese nach Aaron Antonovsky

Während die klassische Medizin fragt: „Was macht krank?“, fragt die Salutogenese:
👉 „Was hält gesund?“

Zentrale Idee:

Gesundheit ist ein dynamisches Kontinuum – beeinflusst durch das sogenannte Kohärenzgefühl („Sense of Coherence“, SOC).

Bestandteile des Kohärenzgefühls:

  • Verstehbarkeit: Ich kann einordnen, was passiert.

  • Handhabbarkeit: Ich habe Ressourcen, um damit umzugehen.

  • Sinnhaftigkeit: Es lohnt sich, mich einzusetzen.

Relevanz für Burnout:
Ein starkes Kohärenzgefühl schützt davor, in Überforderung zu geraten. Es fördert Resilienz – also psychische Widerstandskraft.


Risikofaktoren aus psychologischer Sicht

Bestimmte Merkmale und Bedingungen erhöhen laut Forschung das Risiko für Burnout:

KategorieBeispielhafte Risikofaktoren
IndividuellPerfektionismus, hoher Leistungsanspruch, geringe Abgrenzungsfähigkeit
SozialFehlende Unterstützung, Konflikte im Team, mangelnde Anerkennung
OrganisatorischUnklare Rollen, überhöhte Arbeitslast, Zeitdruck, Kontrollverlust
GesellschaftlichDauererreichbarkeit, ständiger Selbstoptimierungsdruck, soziale Vergleichskultur

👉 Theorie betont: Es ist nie nur „der Job“. Es ist das Zusammenspiel aus individuellen, sozialen und strukturellen Faktoren.


Schutzfaktoren: Was wirkt laut Forschung präventiv?

  • Selbstwirksamkeit: Das Gefühl, Einfluss auf Situationen zu haben

  • Emotionale Intelligenz: Gefühle wahrnehmen und regulieren können

  • Soziale Unterstützung: Ein stabiles Netz aus Beziehungen

  • Sinnwahrnehmung: Die Arbeit (oder das Leben) als bedeutsam empfinden

  • Erholungsfähigkeit: Die Fähigkeit, sich von Belastung zu lösen (z. B. „psychologische Detachment“)

Diese Schutzfaktoren werden häufig in Präventionskonzepten wie dem BOSS-Modell, Resilienztrainings oder Salutogenese-basierten Programmen theoretisch aufgegriffen.


Abgrenzung: Prävention ≠ Intervention

Burnout-Prävention zielt nicht darauf ab, therapeutisch zu behandeln – sondern vorzubeugen, zu stabilisieren, Bewusstsein zu schaffen.

Unterschiede auf theoretischer Ebene:

PräventionIntervention
Fokus auf gesunde, gefährdete PersonenFokus auf bereits erkrankte Personen
Stärkung von RessourcenLinderung von Symptomen
Aufklärung & FrüherkennungTherapie, ggf. medikamentös
z. B. Stressbewusstsein, Coping-Fähigkeitenz. B. Verhaltenstherapie, Arbeitsunfähigkeit

Fazit

Burnout-Prävention ist auf theoretischer Ebene mehr als ein „guter Vorsatz zum Abschalten“. Sie basiert auf fundierten Modellen, die zeigen:
👉 Ob jemand ausbrennt, hängt nicht allein von der Arbeitslast ab – sondern davon, wie Belastung verarbeitet und bewertet wird.

Je besser wir diese Mechanismen verstehen, desto gezielter können wir Risiken erkennen – und schützen.


Ausblick

Wie erkennt man Burnout frühzeitig – auf fundierter, diagnostischer Grundlage?
Im fünften und letzten Teil der Blogreihe schauen wir auf Definitionen, Abgrenzungen und Erkennungsmerkmale, wie sie in Theorie, Klassifikation und Forschung genutzt werden.


👉 Hier geht’s weiter: 
„Burnout erkennen – Diagnostische Kriterien, Selbsttests und Abgrenzung zur Depression“

👋 Ich bin der Stressbolzen – im echten Leben heiße ich Thorsten Becker. Verhaltenstrainer für Stressmanagement und Experte für institutionelles Krisenmanagement. Ich trainiere Menschen und Organisationen darin, auch im größten Chaos einen kühlen Kopf zu bewahren. Bitcoin-Maximalist und leidenschaftlicher Systemkritiker, denn: Je weiter du dich vom System entfernst, desto näher kommst du dir selbst.

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