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Der Burnout-Verlauf – Vom inneren Funken bis zur völligen Erschöpfung

Illustration des Burnout-Verlaufs in vier Phasen: vom inneren Funken bis zur völligen Erschöpfung, dargestellt in comicartigem Stil

Burnout ist kein plötzlicher Zusammenbruch, sondern ein schleichender Prozess. Viele Betroffene spüren lange Zeit, dass „etwas nicht stimmt“ – können es aber nicht benennen oder ignorieren die Warnsignale. Erst wenn Körper, Psyche und Geist nicht mehr „funktionieren“, wird klar: Es geht nicht mehr.

In diesem Beitrag schauen wir uns den theoretischen Verlauf von Burnout an – inklusive der bekannten 12-Phasen-Modells nach Freudenberger und North.


Burnout beginnt oft mit Engagement

Ironischerweise beginnt der Burnout-Prozess häufig nicht mit Überforderung, sondern mit überhöhtem Einsatz. Viele Betroffene sind idealistisch, motiviert, engagiert. Sie brennen für das, was sie tun – und verlieren dabei oft die Verbindung zu den eigenen Grenzen.

Diese erste Phase wirkt nach außen positiv. Doch intern entsteht ein Ungleichgewicht: Zwischen Energieeinsatz und innerer Regeneration klafft eine immer größere Lücke.

Das 12-Phasen-Modell nach Freudenberger & North

Das Modell beschreibt den Burnout-Verlauf in 12 aufeinanderfolgenden, teils überlappenden Phasen. Es ist kein Diagnoseinstrument, sondern ein Erklärungsansatz, um typische Entwicklungen besser zu verstehen.

1. Der Zwang, sich zu beweisen

  • Überhöhter Ehrgeiz

  • Drang, sich unentbehrlich zu machen

2. Verstärkter Einsatz

  • Überstunden, Arbeit mit nach Hause nehmen

  • Keine Pausen, Vernachlässigung eigener Bedürfnisse

3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse

  • Schlaf, Ernährung, soziale Kontakte werden zweitrangig

4. Verdrängung von Konflikten

  • Erste innere Spannungen

  • Ärger, Frust oder Müdigkeit werden ignoriert

5. Umdeutung von Werten

  • Hobbys oder Familie verlieren an Bedeutung

  • „Ich hab keine Zeit für so was.“

6. Verstärkte Verleugnung der Probleme

  • Zynismus, Gereiztheit, wachsender Frust über „die anderen“

7. Rückzug

  • Soziale Isolation, weniger Interesse an Kontakten

  • Erhöhtes Suchtverhalten möglich (z. B. Alkohol, Essen, Medienkonsum)

8. Verhaltensveränderung

  • Unflexibilität, emotionale Kälte, Unnahbarkeit

9. Depersonalisation

  • Eigene Identität verschwimmt

  • „Funktionieren“ wird zum Lebensprinzip

10. Innere Leere

  • Gefühl innerer Taubheit, Leere oder Sinnlosigkeit

11. Depression

  • Hoffnungslosigkeit, Selbstwertprobleme, teilweise Suizidgedanken

12. Völlige Erschöpfung

  • Körperlich, emotional, geistig – nichts geht mehr


Typische Symptome im Verlauf

FrühphaseMittelphaseEndphase
Überengagement, PerfektionismusSchlafstörungen, Reizbarkeit, RückzugDepression, Erschöpfung, Zusammenbruch
Keine Zeit für ErholungZynismus, LeistungsabfallArbeitsunfähigkeit, psychosomatische Beschwerden

Wichtig: Nicht jeder durchläuft alle Phasen in gleicher Intensität oder Reihenfolge. Manche Prozesse verlaufen schneller, andere über Jahre hinweg.


Warum erkennen viele Betroffene den Verlauf nicht?

Weil Burnout tarnfähig ist.

  • In der Anfangsphase wird Überengagement oft gelobt („So ein Einsatz!“)

  • Symptome wie Reizbarkeit oder Rückzug werden als „Persönlichkeitsveränderung“ missverstanden

  • Erschöpfung wird bagatellisiert: „Ich hab halt viel um die Ohren“

  • Der innere Anspruch zu funktionieren ist oft stärker als die Warnsignale

Zudem fehlt es oft an Wissen – sowohl bei Betroffenen als auch im Umfeld.


Burnout als Abwärtsspirale

Der Verlauf lässt sich auch als Erschöpfungskaskade beschreiben:

  1. Überforderung

  2. Anpassung auf Kosten der eigenen Ressourcen

  3. Kompensation durch Kontrolle, Rückzug oder Zynismus

  4. Verlust von Energie, Motivation, Identität

Am Ende steht nicht nur die Arbeitsunfähigkeit, sondern häufig eine Entfremdung von sich selbst.


Zusammenfassung

AspektErklärung
Modell12-Phasen-Modell nach Freudenberger & North
VerlaufSchleichend, nicht linear
FrühzeichenÜberengagement, Perfektionismus, soziale Vernachlässigung
SpätzeichenRückzug, Erschöpfung, Depression, Identitätsverlust
KritikModell ist nicht diagnostisch, aber hilfreich zur Orientierung

Ausblick

Wenn du Burnout verstehen willst, musst du seine Entstehung kennen – und seinen Verlauf. Im nächsten Teil wenden wir uns der Frage zu: Was sagt die Theorie über Prävention? Welche Modelle helfen uns, das Risiko zu erkennen – lange bevor Symptome auftreten?


👉 Lies auch: 
„Burnout-Prävention aus theoretischer Sicht – Modelle, Faktoren, Risiken“

👋 Ich bin der Stressbolzen – im echten Leben heiße ich Thorsten Becker. Verhaltenstrainer für Stressmanagement und Experte für institutionelles Krisenmanagement. Ich trainiere Menschen und Organisationen darin, auch im größten Chaos einen kühlen Kopf zu bewahren. Bitcoin-Maximalist und leidenschaftlicher Systemkritiker, denn: Je weiter du dich vom System entfernst, desto näher kommst du dir selbst.

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